Regierungsratskandidat Peter Grünenfelder: «Ich sehe beim Kanton massive Fehlentwicklungen»
17. Dezember 2022
Peter Grünenfelder kandidiert am 12. Februar für den Zürcher Regierungsrat. Der Direktor von Avenir Suisse über seine Ziele, die fehlende Exekutiverfahrung und Kritik an seiner Person.
Sie haben sich als erster Neukandidat für die Regierungsratswahlen vom 12. Februar aufstellen lassen. Was ist Ihre Motivation für das Amt?
Sie möchten etwas verändern.
Sicher, der Handlungsbedarf ist aus meiner Sicht gross. Es geht mir nicht darum, Regierungsrat um des Amtes willen zu werden. Ich habe den Willen und eine starke Motivation, den Kanton Zürich wieder zur Nummer eins zu machen.
Nun gibt es mit Carmen Walker Späh bereits eine FDP-Vertretung im Regierungsrat. Reicht das nicht?
(lacht) Sie sagt mir immer, sie wäre froh, wenn sie noch einen starken, liberalen Impulsgeber am Regierungstisch mit dabeihätte. Zu zweit ist es immer einfacher.
Was wäre das erste Ziel, das Sie umsetzen wollen würden?
Zuallererst mein politisches Programm. Das heisst erstens, zu schauen, dass wir die Steuern um acht bis zehn Prozentpunkte senken können, damit Zürich schweizweit wieder kompetitiv wird. Zweitens müssen wir deutlich deregulieren. Der Kanton hat eine Überbürokratisierung, 20 Prozent der Auflagen müssen weg.
Welche Direktion würden Sie am liebsten übernehmen?
Zuerst ist man Regierungsrat und erst nachher Direktionsvorsteher. Es ist das Gesamtkollegium, das Geschäfte verabschiedet. Ich würde unbenommen auch bei Geschäften anderer meine Position einbringen und nicht einfach alles durchwinken, wie das gegenwärtig der Fall zu sein scheint.
Aber Sie werden wohl gewisse Direktionen favorisieren.
Als Ökonom liegen mir Wirtschafts- und Finanzfragen am nächsten. Aber ich bin auch bildungsaffin. Mit Avenir Suisse sind wir auch bei Energiefragen tätig, und da sehe ich beim Kanton massive Fehlentwicklungen.
Wirkliche Exekutiverfahrung weisen Sie nicht vor. Weshalb sind sie dennoch als Regierungsrat geeignet?
Als Staatsschreiber im Kanton Aargau sass ich zwölf Jahre am Regierungstisch. Als Präsident der Staatsschreiberkonferenz war ich regelmässig im Austausch mit Regierungen. Zudem habe ich jetzt als Direktor von Avenir Suisse eine exekutive Rolle. Ich mache seit 25 Jahren nichts anderes, als im In- und Ausland zu schauen, wie Regierungen und Verwaltungen moderner und schlanker werden könnten. Ich kenne die Regierungsprozesse à fond.
Sie wollen die Steuern um bis zu zehn Prozent senken, der Kanton Zürich hat aber über 4 Milliarden Franken Nettoschulden. Sind Steuerentlastungen angesichts dessen überhaupt angebracht?
Sie sind eine absolute Notwendigkeit, weil der Kanton an Standortqualität verliert. In den letzten Jahren haben wir 2,74 Milliarden zu viel eingenommen. Das Geld gehört der Bevölkerung. Angesichts der steigenden Preise könnte sie es gut gebrauchen. Attraktive Steuern bedeuten zudem gute Arbeitgeber. Diese bezahlen gute Löhne, was wiederum zu einer Stärkung des Mittelstandes führt.
Einerseits ist es Ihr Ziel, den Wirtschaftsstandort Zürich attraktiver zu machen. Andererseits sorgen Grossunternehmen indirekt auch für hohe Mieten. Wie wollen Sie das verhindern?
Nicht die grossen Unternehmen sind das Problem, sondern das mangelnde Angebot infolge bürokratischer Auflagen fürs Bauen und Renovieren. Wenn wir wollen, dass die Mietpreise für die Allgemeinheit zahlbar sind, dann müssen wir schauen, dass das Bauen effizienter und günstiger wird.
Ihr Zehn-Punkte-Programm ist sehr ambitioniert, im Regierungsrat werden Sie sich der Mehrheit fügen müssen. Wie kompromissbereit sind Sie?
Wenn wir die langfristigen Entwicklungen anschauen wie etwa den schleichenden Verlust an Innovationskraft, gibt es erheblichen Handlungsbedarf. Dazu ist das Problembewusstsein zu schaffen und Fakten auf den Tisch zu legen. Da kann ich hartnäckig sein. Wenn aber die Mehrheit gegen meine Vorstellungen entscheidet, akzeptiere ich das. Ich bin ein Teamplayer.
Bei manchen Ihrer ehemaligen Mitarbeitenden klingt das ganz anders. Gegenüber der «Woz» beschrieben diese Ihren Führungsstil als «autoritär und opportunistisch». Woher rührt das?
Ich wurde zu Avenir Suisse geholt, um einen liberalen Aufbruch einzuleiten mit einem näheren Bezug zur politischen Realität. Manchen hat das vielleicht nicht gepasst, dann sucht man den Fehler halt beim Chef. Aber das gehört bei einem Führungsjob dazu. Wer Angst vor Kritik hat, bewegt nichts. Doch die erfolgreiche Entwicklung von Avenir Suisse wäre ohne Teamgeist gar nicht möglich gewesen.